Vorlesen hilft beim Lesenlernen

Unglaublich! 

Ein Unterschied von 550' 000 Wörtern pro Jahr!


Manche Kinder haben grosse Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben lernen. Während einige am Ende der ersten Klasse fliessend lesen, haben andere auch nach 9 Schuljahren noch grosse Probleme einen Text zu verstehen. Zum Teil sind dies Lese- und Rechtschreibe-schwächen angeboren, bestimmte Gehirnbereiche werden bei leseschwachen Kindern während des Lesens kaum aktiviert. Mit einfachen Tests kann man bereits im Kindergarten feststellen, ob ein Kind eventuell mit Problemen beim Lesen und Schreiben zu rechnen hat.

Bei Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, ist es wichtig, so früh wie möglich einzugreifen, sonst können sich die Probleme immer weiter verschlim-mern. Das Kind lernt langsamer als seine Klassen-kameraden, es kann immer weniger mithalten. Eigentlich müsste dieses Kind öfter lesen als seine Freunde. Weil ihm das Lesen aber keinen Spass macht und es auch sehr oft das Gelesene nicht versteht, liest es immer weniger, es versucht das Lesen so oft es geht zu vermeiden.


Im Rahmen einer Studie (zitiert nach Klicpera, Schabmann & Gasteiger-Klicpera, 2007) wurde das Freizeitverhalten von Kindern der fünften Klasse untersucht und dabei fest-gestellt, dass Kinder auf dieser Stufe im Durchschnitt ca. 13 Minuten pro Tag außerhalb des Unterrichts lesen. Allerdings lesen Kinder, die sehr gut und deshalb gerne lesen, bis zu 90 Minuten pro Tag, während Kinder, die schlecht lesen können, nicht einmal eine Minute pro Tag freiwillig in diese Aktivität investieren.


Kinder, die unter Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten leiden, haben oft ihr Leben lang Schwierigkeiten in diesem Bereich. Diese Kinder brauchen so früh wie möglich Hilfe!
Sätze wie: «Das wächst sich aus», «Das kommt schon noch», «Es wird den Knoten schon noch aufmachen» sind fehl am Platz, die Zeit arbeitet gegen die Kinder. Die Unterschiede werden grösser, nicht kleiner. Wird bereits im Kindergarten die phonologische Bewusstheit (Laute erkennen: gleiche Anfangslaute bei verschiedenen Wörtern, gleiche Laute am Ende eines Wortes oder in seiner Mitte; Silben erkennen, Reime erkennen) trainiert, fallen die Startschwierigkeiten geringer aus oder können teilweise sogar verhindert werden.  

Buchstaben und Laute 

Kinder lernen in der Schule als Erstes die Buchstaben, diese müssen sie einem Laut zuordnen = lesen. Auf der anderen Seite müssen sie den Lauten Buchstaben und Buch-stabenfolgen zuweisen = schreiben. Diese Zuordnung zu lernen und zu automatisieren ist schwierig, weil unsere Buchstaben aus dem Latein übernommen wurden und uns für einige Laute die Buchstaben fehlen. Sie werden durch Buchstabenkombinationen ausgedrückt. Andere Laute können durch verschieden Schreibweisen oder Buchstaben ausgedrückt werden.

Or > schreibt man mit h = Ohr (das lange O hört man doch!)

Aber «Tor» hat aber auch ein langes O!

Und warum schreibt man nicht «Oor», so wie «Moos»?

Zusätzlich müssen die Kinder die Symbole für die Buchstaben lernen und üben und diese mit einem Laut in Verbindung bringen. Das Malen der verschiedenen Linien, das Erkennen der Buchstaben, das Zuordnen zum Laut muss soweit geübt werden, dass es blitzschnell und automatisch abläuft.

Wenn Sie mit Ihrem Kind die Buchstaben lernen, achten Sie darauf, die Buchstaben so zu benennen, wie sie beim Lesen klingen. Stellen Sie Ihrem Kind das «K» als «Ka» und das «T» als «Te» vor, kann es passieren, dass Ihr Kind später Ktr (Kater) schreibt. Achten Sie darauf,


ob Ihr Kind tatsächlich liest, oder ob es den Text auswendig gelernt hat. Viele Kinder benutzen solche Hilfsstrategien, um ihre mangelnden Buchstabenkenntnisse zu umgehen.
Hat ihr Kind die Buchstaben gelernt, gilt es nun, diese Buchstaben als Wörter zu lesen, vielen Kinder bereitet dieses «Zusammenlauten» Anfangs grosse Schwierigkeiten. Auch hier legt ihnen die deutsche Sprache manche Steine in den Weg. Warum heisst es Spiel aber Schlange, beides beginnt mit einem «sch».



Quelle: Grolimund, Fabian. Mit Kindern lernen (German Edition) (Kindle-Positionen2566-2569). Hogrefe, vorm. Verlag Hans Huber. Kindle-Version.

Lesegeschwindigkeit 


Kinder, die wohl richtig Lesen, aber dabei sehr langsam sind, werden Bücher nur selten spannend finden und kaum freiwillig lesen. Mit der Zeit und durch regelmässiges Üben erarbeiten wir uns einen Sichtwortschatz, zu diesem gehören häufige Wörter, die wir auf
einen Blick erkennen z. B. Haus, Mama, Kind, etc, diese Wörter helfen uns, eine hohe Lesegeschwindigkeit zu erreichen.


Durchschnittliche Lesegeschwindigkeit = Wörter pro Minute

1. Klasse Winter
25

1. Klasse Frühling
40

2. Klasse Herbst
55

2. Klasse Winter
70

2. Klasse Frühling
85

3. Klasse Herbst
100

3. Klasse Winter
110

3. Klasse Frühling
120

4. Klasse Herbst
130

4. Klasse Winter
140

4. Klasse Frühling / Sommer
150 / >150

Quelle: Praxis Förderdiagnostik 

Einige Kinder können gut und flüssig lesen, haben aber Mühe, das Gelesene zu verstehen. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten immer wieder zeigen, dass Kinder, die über einen grossen Wortschatz verfügen, Texte besser verstehen (sofern sie schnell und gut lesen können).
Dabei zeigt sich immer wieder, dass es eine grosse Rolle spielt, ob dem Kind in der Vergangenheit regelmässig Geschichten vorgelesen wurden.



Sie können den Wortschatz ihres Kindes erweitern, indem Sie viel mit ihm sprechen, ihm vorlesen und mit ihm gemeinsam lesen. 

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